„Die Streif der Bergläufer“
Am letzten Juliwochenende steht die Alpenwelt Karwendel wieder ganz im Zeichen des Laufsports. Organisationschef Kurt König und sein Team erwarten am 25. Juli 2010 zur zehnten Auflage des Karwendel- Berglaufes, neben einem internationalen Spitzenfeld, rund 370 Athleten, die sich der Herausforderung stellen werden.
Trotz seiner jungen Geschichte zählt der Karwendel- Berglauf bereits zu den etablierten Veranstaltungen der Berglaufszene. „Was die Streif für die Skifahrer ist, das ist der Karwendel- Berglauf für die Bergläufer“, schwärmt Kurt König, einstiger Weltklasse-Bergläufer und geistiger Vater des Alpenklassikers. Als dreifacher Sieger des Empire State Building Run-Up in New York weiß der Mittenwalder, dass es die 10,6 Kilometer und 1.381 Höhenmeter in sich haben.
Pünktlich um 09.50 Uhr werden die Läufer vom Bürgermeister auf die Strecke geschickt. „Schlüsselstelle des Laufes ist das Geröllfeld kurz nach der Dammkarhütte. Dort trennt sich meist die Spreu vom Weizen“, warnt König. „Der Karwendel-Berglauf ist einzigartig und bietet auch ein unvergessliches Naturerlebnis“, führt König weiter aus. Als einer der wenigen Bergläufe startet er inmitten einer touristenbevölkerten Fußgängerzone, dann folgen breite Forststraßen, Naturwege mit Wurzeln, robuste Geröllfelder und als Höhepunkt schließlich der 440 Meter lange Dammkartunnel in 2.200 m Seehöhe durch das Karwendelmassiv.
Weiter geht es über den Rundweg Karwendelgrube bis zum Ziel in 2.291 m Höhe, direkt an der bayerisch-tiroler Grenze mit Blick hinab ins Karwendeltal.
Laufsportexperten sind sich einig darüber, dass der Karwendel- Berglauf zu den härtesten Laufveranstaltungen Deutschlands zählt.
Körper, Geist und Seele der Athleten werden bis an die Grenzen der Belastbarkeit beansprucht. Die Siegerehrung findet um 14 Uhr an der Bergstation der Karwendelbahn – direkt neben dem „Riesenfernrohr“ der „Bergwelt Karwendel“ – statt. Für die „Finisher“ gibt es neben Geld- und Sachpreisen, Freibier und einem Nudelgericht, einen atemberaubenden Ausblick ins Isartal sowie zum Zugspitzmassiv.
Als Favoriten werden bei den Herren Helmut Schiessl, Weltmeister 2005 auf der Langdistanz, Stefan Paternoster sowie Korbinian Schönberger, bei den Damen Veronika Ulrich und Anna Frost aus Neuseeland gehandelt. Den Streckenrekord bei den Herren hält mit 59,41 Minuten übrigens der derzeit weltbeste Bergläufer Jonathan Wyatt, ebenfalls aus Neuseeland; bei den Damen die Schottin Angela Mudge, aufgestellt im vergangenen Jahr, in sagenhaften 1:13,48 Stunden. Man darf gespannt sein, ob die Streckenrekorde heuer in Gefahr geraten werden. Aber auch an ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm ist gedacht.
Von Freitag dem 23. Juli bis Samstag 24. Juli können sich Laufsportinteressierte im Rahmen einer Sportartikelmesse in der Fußgängerzone über die neuesten Trends informieren. Wer Lust verspürt, sich der Herausforderung Karwendel- Berglauf zu stellen, kann weitere Informationen unter www.karwendel-berglauf.de abrufen.
„Erhalte den Blick für die Natur“
Kurt König war in den Neunziger Jahren einer der besten Bergläufer Deutschlands. Als Nationalmannschaftsmitglied lief er sogar in der Schweiz mal zu Bronze. Bekannt wurde er aber für seinen dreifachen Triumph beim „Empire State Building Run Up“ Treppenlauf in New York 1995, 1996 und 1997.
Frage: Trailrunning boomt, Laufen stagniert. Die Starterzahlen bei den großen Marathons sind leicht rückläufig. Woran liegt das?
Kurt König: Wir sind noch nicht in der eigentlichen Boomphase des Trailrunnings. Die erwarte ich erst in zehn bis fünfzehn Jahren. Dennoch stimmt es. Trailrunning wird immer populärer. Das liegt daran, dass der Spaßfaktor groß ist, dass Trailrunning Abwechslung bietet, dass man in wunderschönen Gegenden unterwegs ist und den Sport perfekt mit einem Kurzurlaub verbinden kann.
Frage: Was versteht man eigentlich unter Trailrunning?
Trailrunning ist ein Begriff, der in Deutschland von Salomon in den 90er Jahren geprägt wurde. Damals gab es Bergläufe, Geländeläufe, Orientierungsläufe. Cross-Running (Querfeldeinlaufen) war schon 1924 eine Olympische Disziplin. Trailrunning ist ein sinnvoller Begriff, der sich aber in den Köpfen noch manifestieren muss. Vielleicht kann man sagen, dass Trailrunning geländebedingt flacher ist, während Berglauf die extremste Form des Trailrunnings ist.
Frage: Und Waldläufe?
Das gab es schon in der Trimm-Dich-Bewegung der 70er. Waldläufe sind die humanste Form von Trailrunning.
Frage: Trailrunning wird häufig als „nicht ernsthaftes Training“ dargestellt. Was macht Trailrunning dennoch so interessant?
Kurt König: „Nicht ernsthaftes Training“ stimmt absolut nicht! Wer als Bergläufer erfolg haben will, braucht eine solide athletische Ausbildung. Wer das nicht hat, wird am Berg nie richtig Tempo machen können. Trailrunning schult darüber hinaus die motorischen Fähigkeiten viel stärker als Laufen in der Ebene. Die Wahrnehmungsfähigkeit, den Gleichgewichtssinn, die Reaktionsschnelligkeit.
Die geforderte hohe Konzentration bringt einen großen Trainingseffekt.
Frage: Ist Trailrunning der gesündere Laufsport?
Kurt König: Das wäre zu pauschal. Wer gewinnen will oder seine Bestleistung toppen möchte, muss ans körperliche Limit gehen. Das belastet den Körper – egal ob man im Gelände, am Berg oder auf der Straße läuft. Was die Stoßkräfte auf die Gelenke angeht, ist Berglaufen natürlich gesünder, weil man bergauf weniger Flugkräfte entwickelt – und in Deutschland gibt es keine Bergläufe den Berg runter.
Frage: Was ist für den ambitionierten Trailrunner oder Bergläufer wichtig?
Kurt König: Für Bergläufer reicht es nicht aus, einfach einen Berg hinauf zu laufen. Man braucht Geschwindigkeit und die muss man sich antrainieren mit Geschwindigkeitsstrecken. Jan Ulrich hat seine schnellen Bergritte immer damit begründet, er habe „leichte Beine“. Das ist auch das Erfolgskonzept von Berglaufen. „Leichte Beine“ bekommt man durch ein intensives Training, was sich nicht von Leichtathletik unterscheidet.
Frage: Was gilt es für Trailrunning-Einsteiger zu berücksichtigen?
Kurt König: Das wichtigste ist immer, dass man Spaß hat. Wer nur Trailrunning macht, weil er auf einen Trend aufspringt, verliert schnell den Spaß, weil Trailrunning ein anstrengender Sport ist. Das heißt auch, dass der Einsteiger nichts übertreiben soll. Der beste Gradmesser ist: „Erhalte deinen Blick für die Natur und genieße diese!“